Eschenburg-Eiershausen. „Das rhythmische Schlagen von Schlägel auf Eisen bzw. auf das harte Gestein und der dabei erzeuge helle Klang hat wohl manchen Bergmann zum Singen angeregt und hat ihn selbst zum Schöpfer von Liedern werden lassen, die seine Arbeit beschreiben“. So steht es in der kleinen Sammlung sächsischer Bergmannslieder, die zum 15. Bergstadtfest der Stadt Freiberg im Juni 2000 erschien.

Die Pflege bergmännischer Traditionen, vor allem der Aufmarsch der großen Bergparaden, gibt es dort im Erzgebirge seit Jahrhundert. Nicht annähernd so bedeutend war sie früher bei uns, obwohl unser Bergrevier bedeutend älter ist als das auf Höhenzug zwischen Sachsen und Böhmen. Erst in den letzten Jahrzehnten wurde man sich dieser Vergangenheit auch in unserer Heimat bewusst.

„Lass‘ Schlägel klingen,
Bergreihen singen,
heißt ein alter Bergmannsspruch, und die Lust der Bergleute zum Singen war sprichwörtlich“, heißt es weiter in dem Liederbändchen – und das traf für die Knappen im Schelderwald durchaus zu!

Eine Bergkapelle gab es nachweislich vor rund einhundert Jahren am „Auguststollen“, vielleicht auch schon viel früher. Obersteiger Louis Manderbach aus Wissenbach leitete damals deren Übungsstunden nach Schichtende. Bei den „Wurstfesten“ auf Grube „Beilstein“, wie die Feiern schon vor dem 1. Weltkrieg hießen, traten die Musiker auf. Aber nicht nur dort: Auch in Wetzlar, Gladenbach, Dillenburg und Herborn präsentierten sich die Männer dem Publikum.

Die Sangestradition pflegte auch die Dillenburger Bergschule, deren Absolventen nicht nur im heimischen Revier, sondern in der ganzen Welt als ausgezeichnete Fachleute begehrt waren. „Jedes Semester hatte seinen Chor“, erinnert sich Otfried Schwarz an die Zeit, als er selbst zum Steiger ausgebildet wurde. Vor fast fünfzig Jahren war das. Aber der Mann aus Eiershausen gehörte nicht nur zu den Sängern. Im September 1955 textete er selbst ein Lied und komponierte auch die Melodie dazu:

Es tönt das Signal und der Förderkorb geht,
wir fahr’n in die ewige Nacht.
O strahl‘ gold’ne Sonne, die drüber steht,
noch einmal zu uns in den Schacht.
Lebt wohl grüne Wälder, mein Schatz lebe wohl,
tief unter der Erde erfüll’n wir das Soll.

Es wäre vielleicht in Vergessenheit geraden, gäbe es da nicht die Bergmannsfeste, die zwei Jahrzehnte nach dem Schließen der Gruben im Schelderwald wieder auflebten. 2002, bei einer dieser Zusammenkünfte am „Auguststollen“, stand es im Mittelpunkt.

Otfried Schwarz weiß noch genau, wie es damals entstand. Ein Praktikum am Westschacht der Grube „Königszug“ stand im September 1955 auf dem Lehrplan des Bergschülers. „Erz laden und bohren“, „Fördern“, „Rolle ausbessern“ - solche Notizen hielt er damals in dem Tagebuch fest, das er während seiner Ausbildung zum Steiger führen musste. Auf dem „Annastollen“ arbeitete er damals, ebenso auf der 80- und der 150-Meter-Sohle des Westschachts.

Die übrigen Strophen:
Bald sind wir vor Ort, wo der Bohrhammer knarrt,
da graben die Bergleut‘ das Erz.
Ist schwer auch die Arbeit, der Felsen hart,
versüßt sie ein zünftiger Scherz.
Es hält zwar der Berggeist die Schütze versteckt,
doch ruh’n wir nicht eher, bis all sie entdeckt.

Erschallet vom Schacht einst das Unglücksignal,
tief unten ein Kumpel blieb tot.
Und fordert der Berg seine Opferzahl,
bestimmt es der ewige Gott.
Grünt weiter ihr Wälder, mein Schatz lebe wohl,
wenn auch einst dein Bergmann nicht heimkehren soll.

Doch fahren wir ein, und wie immer auf’s neu
Erfüllen wir gern uns’re Pflicht.
Und bleiben der Heiligen Barbara treu,
als Bergleut‘, und fürchten uns nicht.
Bis uns dann das Seil zieht zur Sonne hinauf,
und froh wir uns trennen zum nächsten „Glück auf“!

Für einen Männerchor setzte das Lied damals übrigens Karl Hofmann, ein stadtbekannter Musiker aus Dillenburg.